Alfred Heer, Nationalrat und Präsident des Bundes der Steuerzahler, erklärt, wie wir das Wachstum des Staates stoppen und die Steuerzahler entlasten können. Einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung könnten wir bei den eidgenössischen Wahlen vom 22. Oktober tun.
Herr Heer, wofür kämpft der Bund der Steuerzahler?
Wir kämpfen für tiefere Steuern, Gebühren und Abgaben und auch gegen das Ausgabenwachstum beim Staat. So hat der Bund der Steuerzahler im Kanton Zürich Anfang der 2000er Jahre erfolgreich die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer durchgebracht zusammen mit dem Hauseigentümerverband.
Sie haben es angesprochen: Der Staat wächst und wächst. Was kann man dagegen tun?
Das einzige Mittel sind Referenden gegen exorbitante Ausgaben auf Kantons- und Gemeindeebene. Leider gibt es (noch) kein Finanzreferendum auf Bundesebene. Wir bekämpften verschiedene Projekte erfolgreich. Leider verloren wir im Kanton Zürich die Abstimmung über das Polizei- und Justizzentrum, welches rund 700 Millionen Franken kostete und Folgekosten in Millionenhöhe bescheren wird. Ein weiteres Mittel ist, Leute zu wählen, welche sich konsequent für weniger Staatsausgaben einsetzen.
Ein Problem ist auch, dass immer mehr Leute direkt oder indirekt vom Staat leben. Kommt so nicht irgendwann der Punkt, an dem gar keine Reformen mehr möglich sind?
Es ist tatsächlich so, dass heute viele Personen direkt vom Staat profitieren. Sei dies durch vergünstigten Wohnraum oder Subventionen aller Art. Zudem gibt es immer mehr Personen, die beim Staat arbeiten, welcher überdurchschnittliche Löhne zahlt. Selbstverständlich gibt es Staatsaufgaben, die wichtig sind, wie die Polizei, Gesundheit und Bildung. Trotz allem haben wir in der Verwaltung eine hohe Unproduktivität, welche es zu beseitigen gälte. Leider fehlt der politische Wille dazu, auch bürgerliche Exekutivpolitiker scheuen sich davor und arrangieren sich lieber mit dem Staatspersonal. Man will ja nicht abgewählt werden. Je mehr Personen vom Staat abhängig sind, desto schwieriger wird es natürlich, Reformen zu verwirklichen. Es ändert erst dann etwas, wenn ein Staat tatsächlich bankrott geht. Bis dahin wird weitergewurstelt und es werden Schulden aufgenommen.
Welche Bedeutung hat für Sie der Steuerwettbewerb zwischen Kantonen und Gemeinden?
Der Steuerwettbewerb ist einer der Erfolgsfaktoren der Schweiz. Ohne Steuerwettbewerb würden wir heute nicht so gut dastehen. Der Wettbewerb hilft, dass sich Kantone und Gemeinde anstrengen müssen, um attraktiv zu bleiben. Verwaltungen haben ja hoheitliche Aufgaben und es gibt keine Konkurrenz. Deshalb ist es wichtig, dass es wenigstens einen Steuerwettbewerb gibt. Wer die Aufgaben günstiger erledigen kann, kann auch die Steuern senken.
International nimmt der Druck auf die Schweiz zu, die Steuern zu «harmonisieren», im Klartext: zu erhöhen. Jüngstes Beispiel ist die OECD-Mindeststeuer. Was können wir diesem Druck entgegensetzen?
Treiber hinter der Harmonisierung sind die «Versager»-Staaten, welche hohe Schulden und hohe Steuersätze haben. Man will mit der Harmonisierung die attraktiven Länder abstrafen. Die Schweiz muss sich dagegen wehren. In der OECD gilt immer noch das Einstimmigkeitsprinzip. Die Schweiz muss Verbündete suchen und im Notfall Widerstand leisten.
Wie liesse sich das Steuersystem vereinfachen?
Man könnte die Steuersätze abflachen und reduzieren. Bei den Abzügen wird es natürlich schwieriger, da diese ja zu Steuerentlastungen führen. Insgesamt ist unser Steuersystem kompliziert, aber im Vergleich zum Ausland doch wesentlich transparenter.
Sie sind auch Mitglied der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zum Fall Credit Suisse. Ohne der Untersuchung vorzugreifen: Was ist hier schiefgelaufen?
Man kann sicherlich festhalten, dass in der Credit Suisse eine Selbstbedienungsmentalität vorherrschte. Durch das zersplitterte Aktionariat wurde das Management auch nicht zur Ordnung gerufen. Verschiedene Aktionäre haben in Coco-Bonds investiert und hohe Zinsen dafür erhalten. Sie hatten offensichtlich kein Interesse, dass durchgegriffen wird. Was die Rolle der Bundesbehörden betrifft, so ist dies Gegenstand der PUK, sodass ich dazu keine Stellung beziehen kann.
Welche Folgen für die Steuerzahler haben die Milliardenkredite der Schweiz im Zusammenhang mit dem CS-Debakel und der Übernahme durch die UBS?
Momentan keine Folgen, da die UBS auf die Kredite verzichtet. Trotz allem muss man aber festhalten, dass die Grösse der UBS ein Risiko für den Steuerzahler darstellt. Sollte die UBS gerettet werden müssen, gibt es keine Schweizer Bank mehr, die das tun kann. Dann käme wohl der Steuerzahler voll zur Kasse. Es braucht Massnahmen, um dieses Risiko auszuschliessen. Wie dies aussehen kann, wird auch Aufgabe der PUK sein, sodass ich auch hier keine Details nennen kann.
Die Staatsausgaben sind insbesondere im Sozialbereich explodiert. Wie lässt sich das stoppen?
Die Zuwanderung und hier vor allem die Einwanderung über Asyl ist der grösste Treiber bei den Sozialausgaben. Die Asylverfahren sind zu beschleunigen, die Grenzen sind zu sichern, solange Schengen/Dublin nicht funktioniert.
Am 22. Oktober finden die eidgenössischen Wahlen statt. Wie muss man wählen, damit die Steuerzahler entlastet werden?
Es sind Leute zu wählen, welche sich für tiefe Staatsausgaben einsetzen und sich auch für tiefere Steuern, Gebühren und Abgaben einsetzen. Die Wirtschaft muss wachsen und nicht der Staat. Personen aus der SVP sind hier vorbildlich. Es gibt aber auch bei der FDP und der Mitte Personen, welche sich für diese Ziele einsetzen. Der Stimmbürger soll sich orientieren, wer sich tatsächlich für tiefere Staatsausgaben und einen schlanken Staat einsetzt. Am besten, indem er das persönliche Gespräch mit den Kandidaten sucht oder an Veranstaltungen geht.
Dr. Philipp Gut